Negative Bewertungen löschen lassen? Das sagt der Fachanwalt

Veröffentlicht: 16. August, 2019 | Aktualisiert: 4. Mai, 2023
Sie haben eine schlechte Bewertung und möchten diese löschen lassen? Welche Bedingungen erfüllt sein müssen und wann Sie einen Anwalt einschalten sollten.

Einer Ihrer Kunden hat das Wochenende genutzt und Sie in einer Bewertung wüst beschimpft? Vielleicht sogar auf mehreren Plattformen? Womöglich handelt es nicht einmal um eine echte Kundenbewertung, sondern um einen Fake. Sie fühlen sich angegriffen und sehen Ihr Image in Gefahr. Schließlich verbreiten sich Meinungen online schnell.

Auf negative Bewertungen können Sie ganz einfach öffentlichkeitswirksam und professionell reagieren. Bei persönlichen Beleidigungen im öffentlichen Raum oder gar Fake-Bewertungen sollten Sie das Entfernen einer Bewertung prüfen.

Wann ist es möglich und sinnvoll, eine Bewertung löschen zu lassen? Wir haben für Sie einen Anwalt gefragt, der regelmäßig Mandanten zum Thema „Löschen von Online-Bewertungen“ betreut: Karsten Gulden, LL.M. - Rechtsanwalt und Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht aus Mainz. Wir haben mit Ihm auch über Fake Bewertungen gesprochen und ob diese strafbar sind, mehr dazu finden Sie hier.

Herr Gulden, wie lassen sich negative Bewertungen entfernen?

Fast alle Portale und Plattformen bieten eigene Web-Formulare an, mit denen Bewertungen gezielt gemeldet werden können – mit der gleichzeitigen Aufforderung, diese zu löschen. Man kann auch selber den Verfasser der Bewertung kontaktieren und um Löschung bitten. Wenn nötig, mit dem Hinweis auf den vorliegenden Rechtsverstoß und mögliche rechtliche Folgen.
Bringt beides nichts, können sowohl das Portal als auch der Verfasser der Bewertung abgemahnt werden. Dafür müssen die Daten des Verfassers der Bewertung vorliegen. Wenn alle Stricke reißen, leitet man gerichtliche Schritte ein.

Wann stehen die Chancen gut für eine Löschung, wann eher schlecht?

Das kann man ganz pauschal kaum sagen. Entscheidend ist, ob es sich um wahre oder unwahre Tatsachen handelt, ob diese bewiesen werden können und mehr.

Wer allerdings zu Unrecht eine Fake-Bewertung erhalten hat und das beweisen kann, hat beste Chancen. Dies gilt zum Beispiel, wenn der bewertende Nutzer niemals Kunde des Unternehmens war oder ein Beitrag nur aus Beleidigungen besteht.

Das gilt auch, wenn der Nutzer mit seinem Feedback gegen die Bewertungsrichtlinien des Anbieters verstößt. Leider sind nicht alle Richtlinien optimal formuliert. Manche Anbieter reagieren auch nur sehr langsam oder gar nicht.

Wann würden Sie dazu raten, einen Anwalt einzuschalten?

Erfahrungsgemäß sind fast immer Emotionen im Spiel, wenn es um negative Bewertungen geht. Die rauben natürlich Zeit und Nerven. Schon deshalb lohnt die Abgabe des Falles an eine dritte Person. Es schont die eigenen Ressourcen.

Ich rate Unternehmen dennoch meistens, den ersten Schritt lieber selber zu gehen und zumindest das Portal auf den Rechtsverstoß hinzuweisen. Dabei sollte eine Frist von etwa zehn Tagen gesetzt werden. Ist sie ergebnislos verstrichen, den Anwalt einschalten.

Wie können Unternehmen gegen negative Fake-Bewertungen der Konkurrenz vorgehen?

Man sollte hier nicht lange zögern und sämtliche Möglichkeiten ausschöpfen.

Doch die Beweisführung ist kompliziert. Hat wirklich Konkurrent XY diese Bewertung abgegeben? Es ist schwierig und oft sogar unmöglich, den Klarnamen des Nutzers herauszubekommen. Der reine Verdacht, die Bewertung sei von einem Konkurrenten erstellt worden, reicht nicht aus.

Im Zweifel hilft der Anwalt. Viele Kanzleien arbeiten zum Beispiel mit privaten Detekteien zusammen, die sich gezielt auf die Identifizierung von vermeintlich anonymen Internetnutzern spezialisiert haben.

Nach erfolgreicher Identifizierung des Nutzers und Abmahnung durch den Anwalt kommt es zur Abgabe einer Unterlassungserklärung. Bei der nächsten Fake-Bewertung wird dann eine hohe Vertragsstrafe fällig.

Welche Informationen braucht ein Anwalt, um eine Löschung vorzunehmen?

Zunächst einmal muss er wissen, ob die Angaben in der Bewertung der Wahrheit entsprechen. Zudem ist es wichtig zu wissen, ob der Verfasser der Bewertung bekannt ist und wie die Gesamtzusammenhänge sind. Je genauer man das weiß, desto effektiver kann man arbeiten.

Es sollte auch immer ein Screenshot der Bewertung gemacht werden, der auch vor Gericht vorgelegt werden kann.

Wir haben dafür eine eigene Erweiterung programmieren lassen. atomshot ist eine kostenfreie Erweiterung für den Chrome-Browser zur atomzeitgenauen Beweissicherung von Rechtsverletzungen, die im Internet begangen werden.

Und wer trägt die Kosten?

Eine Rechtsschutzversicherung übernimmt die Rechnung für den Anwalt in der Regel wenigstens teilweise. Besteht keine Rechtschutzversicherung, müssen die betroffenen Unternehmen in Vorleistung treten.

Die gute Nachricht: Sämtliche Kosten der Rechtsverfolgung können später zurückgefordert werden. Dazu zählt die Rechnung vom Anwalt genauso wie eventuelle Kosten für Dritte, also auch die Detektei. Sie müssen allerdings erforderlich gewesen sein.

Durften Sie schon einmal eine Bewertung nicht löschen?

Wir beraten unsere Mandanten ganzheitlich und umfassend. Besteht kein Rechtsanspruch auf eine Entfernung der jeweiligen Bewertung, weisen wir die Mandanten darauf hin. Wir prüfen dann, ob und wie vielleicht die Abgabe einer eigenen Stellungnahme hilft.

Wie sind Ihre Erfahrungen mit Löschungen von Bewertungen – wie ist die Reaktion der Beteiligten?

Als Anwalte vermittle ich objektiv zwischen Portal, Nutzer und Mandanten. Am Ende wird in 95 Prozent der Fälle eine außergerichtliche Einigung herbeigeführt.

Lügen und strafbare Äußerungen sind nicht erlaubt, da löschen seriöse Anbieter meist recht schnell von selbst.

Fazit

Sie sollten nicht bei jeder schlechten Bewertung dem Impuls nachgeben, sie löschen zu lassen. Manchmal tragen Bewertungen unter drei von fünf Sternen samt Ihrer professionellen Reaktion viel mehr dazu bei, Ihre Kundenorientierung zu beweisen.

Konstruktive Kritik kann Ihnen als Hinweis auf Verbesserungspotenzial dienen. Im besten Fall können Sie Fehler im Nachhinein korrigieren und verärgerte Kunden doch noch zu Fans machen. Damit erhöhen Sie nicht nur die Wahrscheinlichkeit, dass Ihr Kunde wiederkommt. Auch potenzielle Kunden sehen, dass Sie Kundenfeedback ernst nehmen.

Bei Fake-Bewertungen, Schmähkritik und Beleidigungen ist es hingegen Ihr gutes Recht, eine Bewertung zu melden und eine Löschung zu erwirken - im Zweifel auch mit Hilfe von einem Anwalt.

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